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20. März 2024 3 20 /03 /März /2024 15:13

Training is going well.....🏃

 

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21. November 2023 2 21 /11 /November /2023 08:06
Jede Stunde eine Runde
Die Regeln diese Backyard-Bewerbes verlangten, dass wir Teilnehmer jede Stunde eine Runde (6,706km über Wiesen, auf Forstwegen und Straßen mit einigen Höhenmetern) laufen sollten. Nicht mehr und nicht weniger. Wer einmal nicht zeitgerecht eine Runde beendete schied aus dem Rennen. Die nach 24 Stunden im Wettkampf verbliebenen sollten sich in der 25. und somit letzten Runde im Wettlaufmodus messen. So weit kam es allerdings nicht.
Aber der Reihe nach..... Eisregen prasselte auf uns nieder als mein treuer Kamerad und Betreuer Andi sein Hündchen Floh (Zwergspitz) und ich in Stallhofen bei Schalchen eintrafen. Zeitgerechte Ankunft hatte sich gelohnt, da, wie vom Veranstalter im Vorfeld angekündigt, keine Platzreservierungen für die persönlichen Verpflegungsstellen der Läufer entgegen genommen wurden. Wer zuerst kam..... Somit hatten wir die Möglichkeit, noch bevor großer Andrang herrschte, meinen kleinen Verpflegungstisch an günstiger Stelle in der beheizten Feuerwehrgarage zu positionieren. Gerade noch rechtzeitig, denn schon bald füllte sich der gesamte Bereich mit Menschen und die Plätze in den warmen Räumlichkeiten waren in kurzer Zeit belegt. Beim Race Briefing vermittelte uns Organisator Norbert Lüftenegger noch die Regeln und Besonderheiten dieses speziellen Wettkampfes, danach ging es zum Start.
9:00 Uhr - Los! 129 Läufer zogen in das Rennen.
Über eine Wiese führte unser Kurs zu einer Straße welche bald in einen Forstweg mündete. Bei Schneisen und Lichtungen, wo der Wald Schneeflocken Einlass gewährte, bedeckte eine dünne weiße Schicht den Boden. Die Bodenbeschaffenheit unseres Weges gestaltete sich teils matschig, gelegentlich auch mit Wasserlacken. Das war aber nur der relativ harmlose Beginn bezüglich Auswirkungen der noch folgenden Niederschläge. Etwas mehr als 3 Kilometer nach dem Start gelangten wir zum Wendepunkt unseres Kurses. Danach ging es ein Stück zurück, bis zur zuvor passiert Weggabelung, wo wir schließlich in einen parallel zum Hinweg verlaufenden Forstweg geführt wurden. Am Waldrand beäugten neugierige Schafe aus ihrem Gehege die Passanten. Hühner liefen frei herum. Kurz danach schloss sich für uns Läufer der Kreis, entlang der Wiese zum Ausgangspunkt - dem Start/Zielbereich des Backyard.
Meine Laufzeit für die erste Runde betrug etwas mehr als 45 Minuten. Gut so. Dieses Tempo sollte in etwa beibehalten werden. Schneller unterwegs zu sein macht beim Backyard keinen Sinn, würde nur die Pause bis zum Start zur nächsten vollen Stunde unnötig verlängern. Die Zeit um meinen Verdauungstrakt in Ruhe ausreichend mit Nachschub zu versorgen reichte aus, mehr war eigentlich nicht nötig. Obwohl längeres Verweilen in der warmen Garage schon verlockend gewesen wäre.....
5 Minuten vor dem Start zur nächsten Runde ertönte aus der Musikkiste des Veranstalters das Titellied aus Paulchen Panthers Zeichentrickserie - "Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät" Danach trieb uns das Trillern aus einer Pfeife, welches im Minutentakt erklang, zurück zur Startlinie. Runde um Runde, Stunde um Stunde änderte sich nicht wesentliches. Abgesehen davon dass die Läuferschar kleiner wurde, da einige aus dem Rennen schieden.
Erfreulicherweise zeigte sich nachmittags doch noch ein wenig die Sonne. Leider nur für kurze Zeit. Durch dünne Nebelschleier erhellte sie unser Gemüt, ehe sie endgültig hinter dem Horizont verschwand. Mit Einbruch der Dunkelheit galt es einem neuen Kurs zu folgen. Dieser führte nun nicht mehr durch den Wald (um die Ruhe der Wildtiere zu nächtlicher Stunde nicht zu stören) sondern auf eine nahe gelegene Erhebung. Also mit einigen Höhenmetern mehr als zuletzt. Durch kleine ländliche Siedlungen zu einem langen matschigen Feldweg, entlang des regionalen Bahndammes. Danach, zurück zum Ortsgebiet lag endlich wieder fester Boden unter unseren Füßen. Bis zum Start/Zielbereich wo wir von jubelnden Betreuern und Schaulustigen empfangen wurden.
Am frühen Abend setzte erneut Regen ein. Die Lufttemperatur hatte sich etwas über dem Gefrierpunkt eingependelt. Gleich vermuteten wir eine kurzzeitige Laune des Wetters, hofften auf ein baldiges Ende des Regens. Das aber sollte ein unerfüllter Wunsch bleiben, denn der Niederschlag wurde stärker und dauerte an. So als müsse das Regendefizit der vergangenen Sommermonate an einem Wochenende ausgeglichen werden. Die erschwerten Bedingungen forderten Opfer. Nach 12 Stunden waren nur noch 26 Läufer im Rennen und nach 15 Stunden kämpften sich gar nur mehr etwa 10 Prozent des ursprünglichen Starterfeldes, also 13 Läufer, durch die feuchtkalte Nacht. Mir ging es eigentlich gut, obwohl die Gegebenheiten im Laufe der Nacht immer schwieriger wurden. Der Feldweg entlang des Bahndammes hatte sich in ein Sumpfgebiet verwandelt. Dementsprechend mühsam gestaltete sich das Vorankommen durch Wasserlacken und auf weichem Boden. Auf der Straße durch Stallhofen bildete sich während der Nacht ein ständig weiterwachsender See. Ausweichmöglichkeiten boten sich an dieser Stelle keine an, also durch. Egal, vollkommene Durchnässung ließ sich ohnehin nicht vermeiden.
Nach vollendeter Runde fühlte es sich gut an im beheizten Feuerwehrhaus für einige Minuten Unterschlupf zu finden. Das lästige Wechseln in trockene Kleidung ersparte ich mir, da uns ja sowieso gleich wieder intensive Bewässerung von oben und unten erwartete. Angenehm war es natürlich nicht in nasser Kleidung die warme Garage zu verlassen und sich abermals den Launen des Wetters auszusetzten. Doch nach dem Neustart lief mein Körper bald wieder auf Betriebstemperatur und das Empfinden der äußeren Einflüsse wurde erträglich.
In der 18. Runde befanden wir uns nur noch zu 6 auf der Strecke. Was die Altersklasse betrifft so war ich als einziger der über 50-Jährigen noch im Rennen verblieben. Survivor der Oldies, quasi. Somit beendete ich nach 120,7 Kilometer meinen Lauf und wurde um ein interessantes Erlebnis und eine Survivor Trophäe reicher.

Text: Christian Stolovitz

Bilder: Andreas Horvath, uptothetop.de, Christian Stolovitz

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6. Oktober 2023 5 06 /10 /Oktober /2023 06:31
Weltjahresbestenlisten 1000km u. 10-Tageslauf AK  2023
Weltjahresbestenlisten 1000km u. 10-Tageslauf AK  2023

Ultrarunfestival Tulln 24h-Lauf 2023

Weltjahresbestenlisten 1000km u. 10-Tageslauf AK  2023
Weltjahresbestenlisten 1000km u. 10-Tageslauf AK  2023
Leicht geschah es mir an diesem Wochenende nicht. Obwohl sich das Organisationsteam von Ultrarun.at bemühte, mich durchwegs nette Menschen umgaben und das Wetter sich von seiner (für Läufer) angenehmen Seite zeigte, wollte es bei mir nicht richtig laufen. Auch solche Tage gibt es. Aber, habe ich meine geplante Distanz beim 24h-Lauf diesmal auch nicht erreicht, so will ich trotzdem nicht unzufrieden sein, denn immerhin belegte ich nach 162 zurückgelegten Kilometern den 4. Gesamtrang und den 3. Rang in der Altersklasse. Und da ist jammern eigentlich wirklich nicht angebracht.

Christian Stolovitz  10.2023    Bilder: Heidi Stolovitz

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11. Juli 2023 2 11 /07 /Juli /2023 08:14
Ewige Bestenlisten Österreich - Altersklasse.........es gibt schlimmere Alterserscheinungen... 😏  
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK

Christian Stolovitz  07.2023

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12h-Lauf Bad Blumau

12 Stundenlauf Bad Blumau mit ULT Heustadlwasser. -   Nach dem 12 Stundenlauf lagen 100,26 Kilometer hinter mir, damit reihte ich mich auf den 4. Gesamtrang und den 3. Rang in meiner Altersklasse. Schön war es. 
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK
6 Tages- 1000km- und 10-Tageslauf,  Ö-Bestenlisten AK

Christian Stolovitz  07.2023

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24. Juni 2023 6 24 /06 /Juni /2023 08:01

Via Barcelona 

BARCELONA hat sich seit der Austragung der Olympischen Sommerspiele 1992 zu eine Touristenhochburg entwickelt, mit allen dazugehörigen Vorteilen und Unannehmlichkeiten. Uns gefiel es trotzdem in der katalanischen Metropole. Wir marschierten und liefen 4 Tage (natürlich zum Teil auch zur nächtlichen Stunde) kreuz und quer durch die Stadt. Besuchten Sehenswürdigkeiten, genossen die Stimmung am Strand und den Ausblick von den umliegenden Bergen. Anschließend setzten wir unsere Reise, mit dem öffentlichen Bus, nach Andorra la Vella fort.
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
ANDORRA - LAUF- UND WANDERTOUREN IN DEN PYRENÄEN
Das geradlinige Gebirgsband der Pyrenäen erstreckt sich vom Atlantik bis zum Mittelmeer und bildet eine natürliche Grenze zwischen der Iberischen Halbinsel und Mitteleuropa. Die Hohen Pyrenäen sind weit weniger erschlossen als die Alpen, hier bewegten wir uns abseits der Touristenströme. Ausreichend Wasser und Verpflegung musste mitgetragen werden, denn es gab zwar gute Wanderkarten, ausgeschilderte Wanderwege und Berghütten, doch waren letztere unbewirtschaftet. Diese unbewohnten Unterkünfte (Refugios) standen für Wanderer, zum Rasten und Nächtigen, kostenlos zur Verfügung. Wir genossen die Zeit, in den heimeligen Hütten, auf den malerischen Almen Andorras und sammelten unvergessliche Eindrücke. Herrlich. Während unserer Touren begegneten uns Kühe, Ziegen, Murmeltiere, Fuchs und Reh, aber nur wenige Menschen. Schöne Erlebnisse bereicherten den wertvollen Schatz unserer Erinnerungen. Es war die Erfüllung eines Traumes, den ich schon lange geträumt hatte.
Läufe und Wanderungen gesamt:  233,49 Kilometer und  +11.762 Höhenmeter. 
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen
Andorra - Lauf- und Wandertouren in den Pyrenäen

Text und Bilder: Christian Stolovitz  06.2023

 

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22. März 2023 3 22 /03 /März /2023 18:15
Geschafft.... 1026,19 Kilometer legte ich in 10 Tagen beim Italian Ultramarathon Festival zurück und erreichte damit den 5. Gesamtrang sowie den 2. Rang in meiner Altersklasse.

 

ITALIAN ULTRAMARATHON FESTIVAL - 10 DAYS RUN
ANREISE:
Wegen des zuletzt oft unzuverlässigen Gepäcktransportes der Fluglinien, aber auch aus ökologischen Gründen, beschlossen mein Freund und Laufkamerad Andreas Michalitz und ich die 1500 Kilometer nach Policoro mit der Bahn zu reisen. Leider sollte mir diese Fahrt, in den Süden Italiens, nicht in bester Erinnerung bleiben. Denn unser unbeschwertes Vorankommen nahm bereits in Venezia Mestre eine unerwartete Wende. Falsche Angaben am Infoschirm des Bahnhofes sorgten für Konfusion und führten schließlich dazu, dass wir unsere Anschlussfahrt nach Rom verpassten. Zum Überfluss vergaß ich in der Hektik auch noch meine geliebte Nikon D600 Fotokamera auf dem Bahnsteig. Die hatte allerdings schnell einen neuen Besitzer gefunden, denn zu Gesicht bekam ich sie, trotz Suche, nicht wieder. Frust!
22:45 Uhr - Um die Stunden bis zum Morgen nicht am luftigen Bahnhof, in der Kälte, zu verbringen flüchteten wir in ein nahes Hotel. Warmes Zimmer, weiches Bett. Trotzdem lag ich, emotional aufgewühlt, noch lange wach. Spät, eigentlich erst am frühen Morgen versank ich in das Land der Träume, doch da war die Nacht für uns schon bald zu Ende.
04:30 Uhr - Auf in den neuen Tag. Rom, Bari, Policoro - Bahn, Bus, Auto. Müde, verzögert, aber doch noch rechtzeitig erreichten wir 33 Stunden nach unserer Abreise von zu Hause Policoro Village.
POLICORO VILLAGE
Im Ferienpark Policoro Village, am "Stiefelabsatz" in der süditalienischen Provinz Basilikata, herrschte noch Ruhe als wir ankamen. Die ionische Küste, im Golf von Torent, war in der Vorsaison vom Trubel des Tourismus noch verschont geblieben. Pasquale Brandi, der Organisator des Italian Ultramarathon Festivals führte uns unmittelbar nach unserer Ankunft zur Unterkunft. Einer urigen, aber voll ausgestatteten Holzhütte unter hochgewachsenen Pinien. Heimelig, klein und trotzdem mit ausreichend Platz für Andreas und mich.
DER 10 TAGESLAUF
Mittwoch 08.03.2023     Start 15:00 Uhr
Viel Zeit um uns zu akklimatisieren blieb nicht. Einige Stunden Schlaf und etwas Vorbereitung reichte aber um mit Vorfreude am Start zu stehen. Mit Andreas und mir warteten 10 durchwegs erfahrene Ultraläufer aus 6 Nationen auf den Startschuss. Bei Mehrtagesläufen ist die Zahl der Teilnehmer stets gering. Es gibt eben nur wenige Menschen, welche sich solch extremen Herausforderungen stellen können.
Pünktlich um 15:00 Uhr starteten wir in das Rennen. Der nach internationalen Richtlinien vermessene Rundkurs, auf dem wir uns bewegten, ergab eine Länge von 1082 Meter. Der Aktionsradius für die folgenden 10 Tage war also klein. Trotzdem mangelte es nicht an Eindrücken. Die eine Hälfte unseres Rundkurses, außerhalb des Feriencamps, verlief entlang eines mit Weidezaun begrenzten Grundstückes. Dort zogen Pferde durch das zum Teil  bewaldete Gelände. Zur späteren Stunde querten Katzen, Füchse und Wildschweine im hellen Mondlicht unseren Weg. Entlang der anschließenden Parkpromenade sorgten die Rufe der Seevögel und das Rauschen des Meeres für Aufmunterung. Die zweite Hälfte des Kurses führte durch das Camp. Zur Self-Service-Verpflegungsstelle mit der allseits beliebten Kaffeemaschine (letztere sollte während des Ultralauf Festivals noch weniger zur Ruhe kommen als wir Läufer). Danach vorbei am Schwimmbecken, das dato aber nur der Optik diente. Den Hauptweg zwischen Bungalows und Holzhütten ging es zurück zum Start/Zielbereich.
Mag dies hier von jenen Kollegen, welche sich vorzugsweise dem Traillauf verschrieben haben auch mit einem Hamsterrad verglichen werden, mir gefiel es. Ist natürlich schon Anschauungs- und Auslegungssache, man könnte unseren Rundkurs in Policoro Village ja auch mit der 400 Meter Tartanbahn eines Leichtathletikstadions vergleichen. Tja, und dabei würde dann die Runde in unserem schönen Feriendorf wie ein Erlebnisparcours erscheinen.
Die ersten Stunden nach dem Start waren, wie so oft bei einem Wettkampf mit langer Vorbereitung, der pure Laufgenuss. Der Körper noch frisch, der Geist voll Tatendrang. Kein Gedanke, dass sich daran etwas ändern könnte. Tat es aber doch. Am zweiten Tag brachen die Auswirkungen der zum Teil frustrierenden Ereignisse unserer Anreise auf uns herein, rissen Andreas und  mich in eine mentale Krise. Jedes positiven Gedankens beraubt fragten wir uns ob in dieser Verfassung weiterzumachen sinnvoll sei. Sogar von einer vorzeitigen Heimreise wurde gesprochen. Aufgeben als Option? Keine zufriedenstellende Lösung! Also, was tun? Laufen, was sonst - weiterlaufen! Laufen war für mich in schweren Zeiten immer ein gutes Hilfsmittel zur Wiederherstellung meines Seelenheils. So auch diesmal, bald herrschte wieder angenehme Ruhe in mir.
Einzig die lauten Düsenjets der italienischen Luftwaffe, welche mehrmals täglich über uns hinweg flogen, störten die Läuferidylle. Kein erfreulicher Anblick, das am Himmel düsende Kriegsgerät, wo doch gerade Krieg in der Ukraine herrschte. Hatte sich der Krieg schon ausgebreitet? Ich wusste es nicht, lebte ohne über das aktuelle Weltgeschehen informiert zu sein in unserer Läuferblase. Und es war gut so.
Am vierten Tag endete der Spuk, die Luftwaffe verschwand. Dunkle Wolken brachten Regen und Wind. Es wurde unangenehm. Bald bildeten sich auf unserer Strecke flächendeckend Regenlacken. An manchen Stellen gab es keine Möglichkeit die kleinen Seen zu umlaufen, da musste man eben durch. Durchnässung also nicht nur von oben, sondern auch von unten. Regenschutz, Schuh- und Kleiderwechsel gaben nur kurzfristig das Gefühl einigermaßen trocken zu sein. Egal, Füße eingecremt um gegen Blasenbildung anzukämpfen und weiter ging es.
Nachdem wir 96 Stunden Kilometer gesammelt hatten, traf Gesellschaft ein. Festival-Organisator Pasquale Brandi und GOMU (GLOBAL Organization of Multi-Day Ultramarathoners) Botschafter  Yiannis Kouros schickten 43 Läufer in das 6 Tagesrennen, einem weiteren Wettbewerb des Italian Ultramarathon Festivals. Freudig begrüßten sich alte Weggefährten und neue Freundschaften bahnten sich an. Sehr schön!
Mittlerweile hatte sich der für mich passende Rhythmus, bezüglich Ruhezeit, eingependelt. Eine Schlafpause zwischen 60 und 120 Minuten zu Mittag und eine Weitere, von gleicher Dauer, kurz vor Mitternacht. Das reichte aus. Am Ende des sechsten Tages lagen 632 Kilometer hinter mir. Es lief wie geplant.
Doch dann nahm der sich bis dahin langsam anbahnende Druck in meinem linken Kniebeuger rasch zu. Eine pralle Schwellung hatte sich an der Sehne, zum Ansatz des hinteren Oberschenkelmuskels, gebildet. Salbe und Kniestrumpf linderten etwas den Schmerz. Worauf sich letzterer, wie zum Trotz, an anderer Stelle noch intensiver entfaltete. Nämlich an meiner rückseitigen Körperöffnung, dort hatte sich durch Reibung und Schweiß eine brennende Wunde gebildet. Und so salbte ich eben auch diese Stelle. Autsch. Düsentrieb bekam für mich eine völlig neue Bedeutung.
Große Bewunderung brachte ich für die Betagtesten unter unseren Ultralaufkollegen auf. In einem Alter, in dem die meisten Menschen ihre Sporen schon längst an die Wand gehängt hatten, erbrachten Edda Bauer, Ricardo Vidan und Aldo Maranzina noch unglaubliche Leistungen. Allen voran der 82-jährige Spanier Ricardo Vidan, der in 6 Tagen noch 444 Kilometer zurückzulegen imstande war. Nur wenige Kilometer dahinter folgten der 76-jährige Italiener Aldo Maranzina und die Deusche Edda Bauer (78J.). Ich verneigte mich vor ihnen, hatte Respekt davor wie sie dem Alter trotzten, nahm sie mir als Vorbilder.
KOIT - WOAM  (KALT -WARM)
Wunschträume über das Sein an der Mittelmeerküste zaubern oft Bilder mit wolkenlosem Himmel  über sonnenbestrahlte Sandstrände am blauen Meer, und von traumhaften Morgen-läufen nach lauen Nächten vor das geistige Auge. Manchmal lässt die Realität allerdings Träume platzen. Tagsüber pendelte die Temperatur, bei uns in Policoro, schon um die angenehme +20°C Marke, doch die Nächte wurden immer kühler. 
Schon am Morgen des 9. Lauftages kündigten die mit Neuschnee bedeckten Gipfel, nördlich unseres Aktionsradius an, dass mit einem Temperatursturz zu rechnen war. Und so geschah es. Spät Nachts, bei einem unterhaltsamen Gespräch unter uns Läufer, fiel die Bemerkung von "mediterranen Frostbeulen" als Reiseandenken. Tja, und in den frühen Morgenstunden war der Gefrierpunkt tatsächlich nicht mehr fern. Das Thermometer zeigte nur noch +3°C. Die gute Laune blieb mir dennoch erhalten, meine Freude über das bevorstehende Erreichen des selbst gesteckten Zieles beflügelte. Endlich... 9 Tage 17 Stunden und 57 Minuten nach dem Start zum 10 Tageslauf hatte ich 1000 Kilometer in den Beinen. Mein Name sollte künftig in der Weltrangliste aufscheinen in der sich die Wenigen reihen, welchen es bis dato gelang, 1000 Kilometer unter 10 Tagen im Laufschritt zurückzulegen. Dankbar genoss ich es physisch und psychisch in der Lage zu sein derartiges zu leisten. Hochstimmung! Freude!
Kurz danach breitete sich bleierne Müdigkeit in mir aus. Schwerfällig aber zufrieden trabte ich zu unserer Hütte, wälzte mich in den Schlafsack und gönnte mir eine zweistündige Pause.
In den finalen Laufstunden begleiteten mich Freude und Wehmut. Freude darüber schon bald länger rasten zu können und Wehmut weil die harten aber doch schönen Tage in Kürze vorbei waren. Ja, die Zeit schmolz dahin. Kaum zu glauben dass wir uns schon 10 Tage und Nächte nur auf diesem Rundkurs bewegten.
Nach dem Zielsignal standen 1026,19 Kilometer auf meinem Konto, damit erreichte ich den 5. Gesamtrang und den 2. Rang in meiner Altersklasse. Und kaum war das Zielsignal verklungen, siedelten sich in meinem Hinterkopf auch schon Pläne für die Teilnahme an einem noch längeren Bewerb, in naher Zukunft, an. Ja, ja, es ist eben eines meiner größten Talente erlebte Schmerzen zu verharmlosen und vorrangig schöne Stunden in Erinnerung zu behalten. Und eigentlich ist es gut so!

 

ZU GUTER LETZT:     Mit Ultralauflegende Yiannis Kouros und meinem Laufkameraden Andreas Michalitz in einem Café am Bari Airport.

Christian Stolovitz  2023   Bilder: Pasquale Brandi IUM-Festival, Andreas Michalitz, Matteo Tenchio, Christian Stolovitz                                                 Text: Christian Stolovitz

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6. Oktober 2022 4 06 /10 /Oktober /2022 07:07

 

UKKO Ultra Balatonalmádi (H) 14.- 16.10.2022 - Die Frage die ich mir stellte: Was kann der Körper wenige Tage nach einem 24h-Lauf,.....bei einem 48h-Lauf? Antwort: Nicht soviel wie gewünscht, aber 262,62km sind es dann doch geworden und Rang 2 ist sich auch noch ausgegangen. Schön war es. Herzlichen Dank an meine Freunde in Ungarn.

Christian Stolovitz  -  ULT Eisenstadt  10.2022

                                                        -----------------------------------------

Ultrarunfestival Tulln      01. und 02.10.2022         24h-Lauf

 

            170,93Km     -     Gesamtrang 7      -     Ak Rang 3

 

Christian Stolovitz - ULT Eisenstadt 10.2022

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18. Mai 2022 3 18 /05 /Mai /2022 07:05
Laufzeit: 125 Stunden 37'    Gesamtrang: 8     Ak Rang: 1 
Die 1080 Kilometer lange Strecke des TransEspana führte, in 18 Etappen, von der französischen Seite der Pyrenäen nach Spanien, durch die Regionen Aragon, Castilla-La Mancha nach Andalucia. Viel bewegten wir uns in über 1000 m ü.M, Gebirgspässe wurden überquert und insgesamt etwa +15000 Höhenmeter erlaufen. Häufiger Regen in den ersten Tagen und Temperaturschwankungen von +1° bis +29°C erschwerten das Rennen. Doch die Schönheit der Landschaft hinterließ unvergessliche Eindrücke.
URDOS - PYRENÄEN - ARAGON
Nicht gerade von ihrer lieblichen Seite zeigten sich die Pyrenäen als wir in Urdos (F) starteten. Unter wolkenverhangenem Himmel und bei Schnürlregen trabten wir hinauf zum Somport Pass  (1640 m ü.M.). Oben, am Grenzübergang, blies eine unangenehme Brise und das Quecksilber schaffte es nur ein kleines Stück über den Gefrierpunkt. 
Doch meiner Motivation und der Freude darüber, nach der langen Anreise endlich in Spanien zu laufen, konnte das nichts anhaben.
Tags darauf bewegten wir uns unter strahlend blauem Himmel und die Sonne schenkte uns Wärme, von der wir am Vortag nur träumen konnten. Aber auch was ich mir schon im Vorfeld dieses Abenteuers an landschaftlichen Eindrücken erträumt hatte wurde an diesem Tag real.
Durch malerische Schluchten folgten wir dem Rio Aragon, gesäumt von Felswänden und Nadelwäldern. Adler und Geier zogen am Himmel ihre Kreise, ließen sich von aufsteigenden Luftbewegungen tragen. 
Markante Felsformationen, welche mich ein wenig an die Dolomiten erinnerten, ragten steil empor. Ich war im Glück. 
Abends, nach dem Sonnenuntergang kühlte es rasch ab. Unser Nachtlager, die unbeheizte Sporthalle von Ayerbe, trug den klingenden Namen "Everest". Eigentlich genieße ich es in Sporthallen zu nächtigen, da ich daran schöne Erinnerungen an vergangene Veranstaltungen knüpfe und Gefallen an einem derartigen Lagerleben unter Gleichgesinnten finde. Doch diesmal wählte ich meinen Schlafplatz zu nahe bei den Schnarchern unter uns, welche mit großer Ausdauer und phongewaltig die Halle beschallten und meine Ohrstöpsel zu nutzlosem Kopfschmuck degradierten. Alle Bemühungen ausgiebig Ruhe zu finden waren erfolglos. Die Nacht war lang, mein Schlaf nur kurz. Dann aber, als der muntere Gesang der Vögel den neuen Tag ankündigte und die ersten Sonnenstrahlen sanft mein Gemüt umschmeichelten, wurden die Unannehmlichkeiten der Nacht schnell belanglos. Bedenken wegen des Schlafdefizits verflogen mit der Dunkelheit. Zuversichtlich ging es in die 3. Etappe.
Dem Naturliebhaber fällt es nicht schwer sich hier wohl zu fühlen. Aragon ist nämlich die am dünnsten besiedelte Region Spaniens. Mit einer Bevölkerungsdichte von 28 Einwohner pro Quadratkilometer leben hier nur 2,9% der Einwohner Spaniens obwohl sich diese schöne Region über 9,4% der spanischen Landmasse erstreckt. Noch dazu wohnt etwa die Hälfte der über 1,3 Millionen Einwohner in Saragossa, der einzigen Großstadt Aragons. Verhältnismäßig wenige Menschen leben also im ländlichen Bereich und dementsprechend groß sind auch die Entfernungen zwischen Dörfern und kleinen Städten. Die Route des Trans Espana führte uns großteils über Landstraßen mit relativ wenigen motorisierten Verkehrsteilnehmern. Sehr erfreulich war aber auch, dass die vom Veranstalter sorgfältig angebrachten Klebepfeile, an Wegweisern, Bäumen etc., sowie Sprühkreidepfeile am Boden, uns Läufern zuverlässig den Weg wiesen.
Außerdem erhielt jeder Athlet, mit dem Startpaket, ein Roadbook mit einer lückenlosen Streckenbeschreibung. Verirren war also auch ohne GPS beinahe unmöglich.... na ja, "beinahe", außer man.... davon aber später.
Gil Alberty, der Organisator des Trans Espana, und sein extrem motiviertes Helferteam leisteten gute Arbeit. Man versorgte uns bestens. Vor allem bei den Labestellen, wo sogar die Wünsche der Vegetarier und Veganer berücksichtigt wurden. Die Distanzen zwischen den Labestellen betrugen, je nach Notwendigkeit (z.B. Streckenprofil, Temperatur) 8 - 15 Kilometer.
Doch wenn Gil sich auch noch so sehr um einen einwandfreien Ablauf  des Rennens bemühte, auf eines hatte er natürlich keinen Einfluss - auf das Wetter. Morgens starteten wir bei einstelligen Plusgraden, in Jacken gehüllt und trotzdem fröstelnd. Doch so blieb es nicht lange, die Lufttemperatur stieg von Stunde zu Stunde. Kurz nach Mittag zeigte das Thermometer +29°C. Damit, dass unser Zentralgestirn schon so bald mit solcher Kraft auf uns einwirkt, hatte ich nicht gerechnet und daher meine, nach langen Wintermonaten, noch nicht an die Sonne gewöhnte Haut unzureichend eingecremt. Am Ende des Tages leuchteten die ungeschützten Regionen meines Körpers wie reife Tomaten. Sonnenbrand Opening 2022, quasi.   
Bei der 4. Etappe unserer Tour blieb die Sonne hinter dichten Regenwolken verborgen.
Ein konstanter Landregen begleitete uns mehrere Stunden. Es war so etwas wie eine Kneipp-Kur was uns da wiederfahren ist. Keine leichte Aufgabe für den Organismus bei solchen Temperaturschwankungen die erhoffte Leistung zu bringen. Mir ging es trotzdem gut, die Freude am Laufen blieb erhalten. Das kühle Wetter und der Wettkampfgedanke luden mich gar dazu ein das Tempo weiter zu erhöhen. Doch die Vernunft behielt das Kommando, Zurückhaltung war angebracht, in Anbetracht des langen Weges, der noch vor uns lag. Zu gut blieben mir die vorzeitigen Ausfälle starker Athleten beim Deutschlandlauf in Erinnerung. Bei der Dauerbelastung eines mehrwöchigen Etappenlaufes kann Übermut, in den ersten Etappen, zu Überlastungsverletzungen führen. Natürlich habe auch ich diese Erfahrung, in längst vergangenen Tagen, am eigenen Leib gemacht und zum Glück daraus gelernt.
Gelernt habe ich in den vergangenen beiden Jahrzehnten aber auch bezüglich Ernährung. Da es bei einem extrem langen Lauf wie dem Trans Espana beinahe unmöglich ist den Kalorienbedarf mit herkömmlichen Lebensmitteln zu decken, habe ich im Laufe der Jahre verschiedene Nahrungsergänzungsmittel getestet. Dabei war zuerst nur die Wirksamkeit ein Thema, später auch, dass es sich dabei um ein Naturprodukt in Bio-Qualität handeln sollte. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien war dann allerdings im gesamten Angebot der Sportnahrungsmittelhersteller nichts mehr zu finden.
Also machte ich mich auf die Suche nach geeigneten Zutaten, welche allen Anforderungen entsprachen und begann damit den Zaubertrank selbst herzustellen. Maisstärke mit Honig und Wasser verrührt ergaben ein schmackhaftes Getränk, welches die Aufgabe als Kohlenhydratlieferant bestens erfüllte. Um meinem Körper ausreichend Proteine zuzuführen mixte ich Kürbiskern-, Lupinen-, oder Hanfpulver mit Honig und Wasser, was sich ebenfalls bewährte. Stets im Getränkegurt mitgeführt bewahrten mich diese Säfte, bei langen Läufen, schon vor manchem Hungerast. Mineralien und Salztabletten unterstützten dabei, die Leistungsfähigkeit zu erhalten.
So auch hier beim Trans Espana. Die Getränke mixte ich schon am Morgen, vor dem Start. Bei den Verpflegungsstellen nahm ich meist Fischbrötchen, Käse und gekochte Eier zu mir. Nach dem Zieleinlauf alkoholfreies Bier und am Abend der 4.Etappe, in der Sporthalle von Fuendejalon, zauberten die Köche unseres Support-Teams herrlich schmeckende Paella auf unsere Teller. Á la bonne heure.
Gemästet wälzte ich mich in den Schlafsack und fand erstmals seit Urdos ausgiebig Nachtruhe.
5. Etappe - Kalt, Regen, Wind, - trotzdem war ich bester Laune. Mir wegen des Wetters die gute Stimmung verderben zu lassen kam gar nicht in Frage. Nachdem der Trans Espana, wegen der Corona-Pandemie, zweimal verschoben wurde mussten wir 3 Jahre warten um endlich in dieses Abenteuer eintauchen zu können. Dann endlich im Geschehen angekommen, wäre es nicht sehr klug gewesen sich wegen der nicht vermeidbaren, äußeren Einflüsse in ein Stimmungstief reißen zu lassen.
Im Laufe des Vormittages verbesserte sich die Wetterlage, der Wind wehte nur noch leichte Wellen in die Wiese. Es wurde angenehmer. Die Natur zeigte sich von ihrer schönen Seite. Ein prächtiger Fuchs huschte an mir vorüber. Kaninchen hoppelten munter unter Olivenbäumen. Vögel zwitscherten, sangen ihre Lieder. Geier kreisten elegant über uns. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 270 Zentimeter und mehr als einem Meter Körperlänge waren diese Riesen der Blickfang unter dem Gewölk. Um uns herum bildete leuchtend gelber Ginster einen wundervollen Kontrast zur roten Erde und dem Grün der Bäume und Wiesen. Durch ein langgezogenes Dorf ging es weiter in einen, von einem Fluss belebten, Canyon.
Entlang des Flussufers reihten sich Obstplantagen an Gemüsegärten. Ein herrliches Stück Land. Bald danach erreichte ich Calatayud (etwa 20.000 Einwohner). Während ich mich im Laufschritt durch das Gewusel der Stadt bewegte wurde mir bewusst, dass ich den Charme von Stadtbeton nicht vermisst hatte. Dann, im Ziel wurde zuallererst das unbändige Verlangen nach Kalorien gestillt. Anschließend erfolgte das tägliche Telefongespräch mit meiner Frau Heidi. Tochter Nastassja, Freunde und Bekannte versorgten mich mit Motivations-SMS. Besonders fleißig mein Abenteuerlauf-Weggefährte Ignatios Konstantin aus der Schweiz. Herzlichen Dank dafür! Euch allen!  
CASTILLA - LA MANCHA
6. Etappe  - Die Eckdaten im  Roadbook verrieten dass es kein leichter Tag werden sollte. Distanz - 76,4 Kilometer, gespickt mit +1300 Höhenmetern.
Dass der Tag in mancherlei Hinsicht anders werden sollte zeichnete sich schon früh ab. Und zwar..... Guter Dinge trabte ich der ersten Labestelle der Etappe entgegen, als unerwartet ein Polizeiauto des Weges kam. Mit langen Hälsen beäugten mich die uniformierten Insassen während sie an mir vorüberrollten. Kurz danach stoppte das Fahrzeug. Türen sprangen auf, zwei Beamte erhoben sich aus ihrem Dienstwagen und bewegten sich betont lässig zum Straßenrand. Mit ernstem Blick verfolgte das Auge des Gesetzes mein Herankommen. Kaum auf Augenhöhe mit einem der beiden, übergoss mich dieser auch schon mit einem mir unverständlichen Wortfluss. Das kam mir Spanisch vor - entender nada. Also erklärte ich, in (bemüht) verständlich vorgetragenen Schulenglisch, dass wir - wegen meiner nicht vorhanden Sprachkenntnisse - mit Spanisch keinen zweckdienlichen Austausch zustande bringen würden. Da formten sich seine Mundwinkel zu einem freundlichen Grinsen. "Oh, you run the race!" Ohne zu zögern winkte mich der gute Mann, in zackiger Amtshandlungspose, weiter und wünschte mir viel Glück. Überrascht bekundete ich ihm meinen Dank. Unkompliziert, ohne mir unnötig Zeit zu rauben, ließ er mich also weiterziehen. Ja, Sport ist in Spanien der Schlüssel für viele Türen. Mir ist das sehr sympathisch.
Begeisterung für unseren Wettkampf zeigte auch andere Verkehrsteilnehmer. Sie streckten im Vorbeifahren ihre Daumen hoch oder fotografierten und filmten uns mit ihren Handys. Nach der Berichterstattung in den Medien nahm also die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, uns gegenüber, noch weiter zu. Für Ultraläufer eher ungewohnt, da unser Sport bei der breiten Masse normalerweise eher selten auf großes Interesse stößt. Ungewohnt, aber doch irgendwie schön.
Zur Sammlung meiner unvergesslichen Eindrücke trugen erfreulicherweise auch wieder Vierbeiner bei, erst ein Fuchs, dann eine Herde Schafe. Etwas später erreichte ich das Grenzschild der Region Castilla-La Mancha. Freude. Ein Meilenstein unserer Tour.
Castilla-La Mancha liegt auf der zentralen Hochebene Spaniens, ist jedoch keinesfalls eben. Auf den rotbraunen Kies- und Lehmböden wird erfolgreich Weinbau betrieben. Rund die Hälfte der spanischen Weinproduktion stammt aus den Weinbergen dieser Region. La Mancha ist somit das größte zusammenhängende Weinbaugebiet der Erde.
Unsere Route durch die Heimat Don Quijotes verlief auf 600 bis 1400 Meter über dem Meeresspiegel. "Up and down" sollten wir also beim Briefing noch des Öfteren zu hören bekommen. Und so ging es auch dahin, auf und ab. Entlang schnurgerader Straßen, mit wenig Abwechslung wurde unsere mentale Stärke geprüft. Mit Zuspruch und Musik wirkten unsere Betreuer bei den Verpflegungsstellen auf uns ein. 
Was die Musik betrifft bemühte sich besonders Karl Rohwedder die passenden Titel zu spielen. Als ich seinen Posten erreichte, begrüßte mich Karl mit strahlender Miene, während aus den Lautsprechern seines Wohnmobils das Lied "Es lebe der Sport" von Rainhard Fendrich erklang. Karls Aufmerksamkeit mich mit Musik aus meiner Heimat zu empfangen erfreute mich. Mentale und körperliche Kraft blieben ungebrochen. Wieder konnte ich die gesamte Etappe, inklusive Steigungen, ohne Gehpause zurücklegen. Alles lief bestens.
Abends genehmigten meine Lauffreunde und ich uns ein Gläschen regionalen Rotwein. "Um den Mineralienhaushalt im Lot zu halten" - (wäre eine gute Ausrede gewesen.) Aber das alleine war es zugegebenermaßen nicht. Ja, manchmal tut es einfach gut seine Prinzipien hinter sich zu lassen. Gelegentlich sollte man sich tatsächlich reinen Wein einschenken. Und es tat gut.
7. Etappe - Der Tag begann angenehm. Organisator Gil streute mir, bezüglich meiner Leistungsfähigkeit, Rosen. Merci beaucoup, über Lob freut man sich natürlich. Neuer Tag, neues Glück. Vorwärts, los. Bald nach dem Start hatte ich mein Wohlfühltempo gefunden und war ebenso bald in meiner Gedankenwelt versunken. Eine Reise durch die Vergangenheit nahm ihren Lauf. Unvergessene Bilder zogen wie ein guter Film vor meinem geistigen Auge dahin. Schöne Erinnerungen sind das einzige Paradies, aus dem uns niemand vertreiben kann. Die Zeit verrann wie Schnee in der Frühjahrssonne. Nur langsam glitt meine Aufmerksamkeit wieder zurück in die Gegenwart. 
Entlang der Straße belebten Pferde eine weitläufige Koppel. Am Himmel kreisten Geier. Sollten letztere es auf meinen Kadaver abgesehen haben, dann hatten sie umsonst gewartet. Mein Befinden war, auch 400 Kilometer nach dem Start unserer Tour, noch bestens. Es lief so gut, dass ich es wagte das Tempo zu erhöhen. Munter ging es durch den Naturpark Rio Tajo. Der Rio Tajo ist mit zirka 1007 Kilometer der längste Fluss der Iberischen Halbinsel. Er entspringt in der Provinz Teruel, im südlichen Teil Aragoniens und fließt in Richtung Westen. Südlich an Madrid vorbei, durch Toledo, bildet er auf einer Länge von 48 Kilometer die Grenze zwischen Spanien und Portugal und mündet schließlich bei Lissabon in den Atlantik.
Zur Schonung meiner Gelenke hielt ich bei Abwärtspassagen den Laufschritt so flach wie möglich. Dies hatte sich schon in der Vergangenheit, bei langen Distanzen auf Asphalt, als hilfreich erwiesen. Doch kaum am Ende eines Gefälles angekommen, ging es schon wieder aufwärts. Wie in einer Achterbahn. Bis zum 30. Tageskilometer, dann war es vorerst vorbei mit abwärts. Zum höchsten Punkt der Etappe ging es nun unaufhörlich empor. Nahe im Nadelwald verschwand ein Adler. Weitere seiner Artgenossen zogen spähend über Baumwipfel hinweg. Herrliche Bilder prägten sich ein. Aufwärts bewegte ich mich aber nicht nur die Passstraße sondern auch im Ranking. Der Anstieg bremste mein Vorankommen weniger als dies bei einigen unserer Laufkollegen geschah. Die Früchte meiner intensiven Vorbereitung, für den Trans Espana, waren zeitgerecht gereift. Schweißtreibend und mühsam war es trotzdem. Aber es fühlte sich gut an. Mit der passenden Einstellung lässt sich auch diese Art das Leben zu spüren genießen. Dann, endlich oben. 1407 Meter über dem Meeresspiegel. Geschafft! Freude kam so richtig auf. Am liebsten hätte ich das Hinweisschild, am höchsten Punkt des Passes, umarmt. Doch dafür nahm ich mir nicht die Zeit. Mit frischer Motivation beladen ging es weiter zum "Canyon of Beteta".
Entlang fließender Gewässer, durch dichten Nadelwald, immer tiefer in den Canyon führte die Straße. Felswände ragten in den Himmel. Wunderbar, welch ein Naturjuwel. Ein kurzer von Stein umfasster Tunnel bildete schließlich das Ende des Canyons. Unmittelbar danach erreichte ich unser Tagesziel, im Hof des Hotels "Caserio de Vadillos". Der Jubel unserer Crew begleitete mich zu den Verpflegungstischen. Carboloading war angesagt. Unverzüglich ging es ans Schlemmen. Teller um Teller, und als Sättigung eintrat, schaufelte ich noch eine weitere Portion Pasta in den Körper. Mehr als es das Hungergefühl eigentlich verlangte. Leistungsfressen auf Ultra-Niveau. Ultra-Mastkur quasi.
8. Etappe - So war es schön, so sollte es weitergehn. In der vergangenen Nacht genossen wir außergewöhnlichen Luxus. In einem Zweibettzimmer zu schlafen, und noch dazu heißes Wasser beim Duschen zur Verfügung zu haben, war bei unserer Tour durch Spanien absolut keine Selbstverständlichkeit. Umso mehr genoss ich die Annehmlichkeiten dieses Hotels. Gut so. Denn derartiger Komfort wurde uns bis zur Ankunft in Malaga kein weiteres Mal zuteil. 
Um 7:30 Uhr starteten wir, die ersten 10 der Ergebnisliste vom Vortag, ins Rennen.
Die langsamere Gruppe schickte Organisator Gil schon eine Stunde vor uns auf die Strecke, um die Öffnungszeiten der Verpflegungsstellen kürzer zu halten. Einige waren bereits gesundheitlich angeschlagen und mussten daher ihr Tempo reduzieren. Erkältungssymptome machten sich bemerkbar. Nicht weiter verwunderlich, war man ja bei dauerhafter, extremer, körperlicher Belastung starken Temperaturschwankungen ausgesetzt. Von Problemen anderer Art zeugten Schuhe, welche von den jeweiligen Trägern im vorderen Bereich aufgeschnitten wurden. Um den geschwollenen Laufwerkzeugen mehr Platz zu verschaffen, entfernte einer gar die gesamten Oberteile der Schuhvorderseiten. Ein seltsamer Anblick, aber Zehencabrios bieten eben mehr Freiraum und natürlich auch reichlich Frischluft. Ebenso durch Überlastung ausgelöst plagten manche brennende, krampfartige Schmerzen in der Mitte der Schienbeine. Das Schienbeinkantensyndrom, kurz Shin Splint genannt. Eine sehr unangenehme Sache, welche natürlich leider auch den Laufschritt bremst.
Ich war von alldem verschont geblieben, trabte munter dahin und holte nach ungefähr 25 Kilometern die letzten der vor uns gestarteten Gruppe ein. Beim Überholmanöver wurden nette Worte und motivierende Parolen ausgetauscht. Ja, Kameradschaft hatte bei dieser Tour Priorität.
Harmonisch wirkte des Weiteren auch die Gegend entlang unserer Strecke.
Hier im ländlichen Bereich war die Landschaft von den Bausünden, wie man sie aus den Urlaubsgebieten kennt, noch nicht betroffen. Kleine verschlafene Dörfer, malerische Plätze, Orte wie Kulissen aus alten Filmen. Abseits asphaltierter Verbindungsstraßen führte unsere Route durch Äcker und Weiden. Auf Feldwegen, mal hügelig, dann wieder eben, zog ich alleine dahin. Auch gut. Beim Alleinsein ist die Wahrnehmung stärker, sind Empfindungen intensiver, werden die Sinne wacher. Bis zum Ortsbeginn von Villanueva de Guadamejud ließ ich die Magie der Natur auf mich einwirken. Plötzlich, wenige hundert Meter vor dem Ziel, vernahm ich Schritte. Sehr schnelle Laufschritte. Ein kurzer Blick zurück reichte aus um die Situation zu erfassen. Hervé nahte, war im Begriff mich zu überholen. Was? So nahe vor dem Ziel? Damit war ich aber gar nicht einverstanden. Mehr Bedenkzeit blieb nicht, da war er auch schon an mich herangekommen. Ich beschleunigte, zog mit ihm mit. Kopf an Kopf liefen wir so schnell wir konnten dem Tagesziel entgegen. Schritt um Schritt gaben wir alles was die Beine, nach den vielen Kilometern, noch erlaubten. Sicherlich wurde dieser Zielsprint nicht von der Vernunft geleitet, in Anbetracht der langen Distanz, welche noch vor uns lag. Wenn jedoch das Rennpferd in einem losgelassen wird, dann hat die Vernunft keine Macht. Keinem von uns gelang es den anderen hinter sich zu lassen. Auf gleicher Höhe hechelten wir, als ginge es um unser Leben, voran. Bis wir schließlich gemeinsam, mit gleicher Laufzeit, über die Ziellinie sprinteten. Endlich zum Stillstand gekommen reichten wir einander respektvoll die Hände. Kameradschaft trotz Wettkampf. Sehr schön. Ultralauf verbindet. 
 9. Etappe - An diesem Tag lief es für mich schon vom Morgen weg nicht so richtig rund. Umgangssprachlich beschrieben, fehlte mir der Saft. Später wurde mir bewusst, dass es tatsächlich so war. Ich hatte nämlich, in den Stunden davor zu wenig Flüssigkeit zu mir genommen. Das wirkte sich nicht nur auf das Wohlbefinden beim Laufen aus, sondern auch auf die Farbe des Urins. Dunkel wie Heidelbeersaft verließ die flüssige Ausscheidung meinen Körper. Blut im Harn! Kein schöner Anblick. Allerdings hatte ich damit schon in längst vergangenen Tagen, bei extremen Läufen, Erfahrung gemacht. Zum Glück keine Folgeschäden davongetragen und mich danach über die Ursache informiert.
Also...  Bei sportmedizinischen Studien wurde nachgewiesen, dass bei entleerter Blase die Blasenwand durch die beim Laufen entstehenden Auf- und Abbewegungen ständig auf den Blasenboden schlägt. Wobei sich die Blasenschleimhaut in weiterer Folge blutig scheuert, was beim Pinkeln natürlich sichtbar wird.
Mit vermehrter Aufnahme von Flüssigkeit und Mineralien versuchte ich dem entgegenzuwirken. Wie aber sollte es weitergehen? Wie groß war das Risiko diesmal, einen bleibenden Schaden davonzutragen? Gab es noch andere Ursachen für diesen Blutverlust? Fragen die mich beschäftigten. Trotzdem beschloss ich den Lauf fortzusetzen, und erst dann, wenn an den Nieren Schmerzen spürbar werden sollten abzubrechen. Ein Blick auf die Kilometeranzeige meiner Sportuhr vertrieb die trüben Gedanken.
    Bald sollte die Hälfte der Strecke des Trans Espana erreicht sein. Der Punkt an dem das Ziel in Malaga gleich weit entfernt lag, als der Start in Urdos, war nah. Im Kopfkino ließ ich die bereits zurückgelegte Strecke Revue passieren. Sehr schön. Dankbarkeit, dies erlebt zu haben, erfüllte mich. Doch war damit mein Wunsch, in Malaga im Laufschritt anzukommen, keineswegs erloschen. Nein, hier durfte meine Reise nicht vorzeitig enden. Da erschien, wie durch einen Wink des Himmels, der von unserem Betreuerteam angebrachte Hinweis auf dem Asphalt der Straße. Ein Richtungspfeil mit einer 540 Kilometer Markierung zeigte in die Richtung aus der ich kam, ein anderer mit ebensolcher Markierung in Laufrichtung.
   Die Hälfte der Gesamtstrecke lag nun also hinter mir. Das gab Auftrieb. Anlass positiv zu denken.
Unserem französischen Laufkollegen Fabien gelang Letzteres nicht mehr, er wirkte emotional entladen. Sein Körper gehorche ihm nicht mehr, sagte er freudlos, bestieg bei einer Verpflegungsstelle den Bus eines Betreuers und beendete das Rennen. Erschüttert blickte ich dem Fahrzeug hinterher, bis es am Horizont verschwand. Unfassbar - Fabien, der stets guter Laune war und mit körperlicher Stärke beeindruckte, gab auf. Er war einer von denen ich dieses am wenigsten erwartete hätte. Aber Fabien sollte an diesem Tag nicht der einzige bleiben, der aus dem Rennen schied. Abends schienen nur noch 27 Läufer in der Gesamtwertung auf. Also bereits um 6 weniger als 9 Tage zuvor in Urdos am Start standen. Zu Fabien kam noch Claudine hinzu, die ebenfalls an diesem Tag die Segel strich. Beide bereiteten ihre Heimreise für den nächsten Morgen vor. Andere, welche bei einer oder mehreren Etappen auf einen Start verzichteten (um sich zu erholen), fielen natürlich ebenso aus der Gesamtwertung und schienen in weiterer Folge nur noch auf den Tages-Ergebnislisten, der von ihnen gelaufenen Etappen, auf. Mir gelang es, trotz der Geschehnisse, meine Konstanz zu untermauern und das Tagesziel unerwartet zügig zu erreichen. 
Den Abend widmete ich der Reinigung.
  Das betraf allerdings nicht nur die Bekleidung sondern auch meine Harnblase. Es wurde gespült bis Klarheit herrschte. Herrlich, wie groß die Freude sein kann klaren Urin zu sehen!
10. Etappe - Der Kampf gegen Windmühlen. Die Geschichte von Don Quijote, dem Ritter der traurigen Gestalt, habe ich schon als junger Bub gemocht. "Der Mann von La Mancha", die Verfilmung mit Peter O' Toole und Sophia Loren aus den 1970er Jahren hat mir gefallen. Miguel de Cervantes Roman von Don Quijote, der nach leidenschaftlichem Lesen von Ritterromanen den Bezug zur Realität verliert, wurde schon im Jahre 1605 veröffentlicht. Don Quijote, die zentrale Figur der Geschichte, hält sich für einen stolzen Ritter, bricht mit seinem dürren, alten Pferd Rosinante auf um als fahrender Ritter kühne Abenteuer zu bestehen und Ruhm zu erlangen. Der Realität ist er so weit entrückt, dass er gegen Windmühlen kämpft (die ihm als Riesen erscheinen) und gegen mächtige Heere reitet, welche nur in seiner Fantasie existieren. Treu begleitet ihn der kleine, dicke Bauer Sancho Panza, den er als seinen Knappen sieht. Sancho, der über einen gesunden Menschenverstand verfügt, durchschaut den Realitätsverlust seines Herrn, folgt ihm aber trotzdem und weist ihn stets vergeblich auf die Irrtümer seiner Einbildungen hin.....
Es ist eine Geschichte die über Jahrhunderte nicht an Bekanntheit verlor. Mich persönlich führt diese Geschichte, aufgrund meines frühen Interesses dafür, auf angenehme Weise gedanklich in meine Kindheit zurück. 
Dementsprechend machte sich Freude breit, als ich ein Hinweisschild des Don Quijote Wanderweges entlang unserer Strecke erblickte. Erinnerungen erwachten. Gleich beanspruchte das Thema Don Quijote meine ganze Aufmerksamkeit. Gedankenverloren folgte ich den Wegweisern des Wanderweges, welche nach der Weggabelung durch einen gepflegten Nadelwald führten. Gut gelaunt trabte ich dahin. Bis zur nächsten Abzweigung. Moment! Der Wanderwegweiser zeigte zwar geradeaus weiter, aber es gab keinen Hinweis dass auch unsere Laufstrecke so verlief. Suchende Blicke. Rundherum war kein Pfeil unserer Trans Espana Tour zu sehen. Shit! Also zurück zur letzten Weggabelung. 
Die Kontrolle der üblichen Gelassenheit entglitt mir. Gereizt wegen meiner Unachtsamkeit rannte ich fluchend, vom Ärger beflügelt, retour. Bei der Weggabelung angekommen, war sofort klar in welche Richtung es weitergehen musste. Da lief auch schon mein belgischer Freund Steven heran. Froh war ich wieder auf unserem Trail zu sein, doch gleichzeitig auch missgestimmt unnötig 20 Minuten verloren zu haben. Nach kurzem hadern stieg mein Stimmungsbarometer wieder an, und als dann auch noch Windmühlen im Blickfeld erschienen war der innere Friede wieder hergestellt. 
Da waren sie nun endlich, die legendären Windmühlen. Wie hatte ich mich darauf gefreut sie zu sehen. Ein Augenschmaus. Hunderte Jahre alte Bauwerke, Zeitzeugen. Großteils liebevoll restauriert, einige sollen sogar noch funktionstüchtig sein. Begeisterung trieb mich voran. Bis nach Pedro Munoz, unserem Tagesziel. Nach der Ankunft zeigte meine Sportuhr 72 Kilometer an, also beinahe 3 Kilometer mehr als die Länge der Etappe im Roadbook angegeben war. Doch trotz des Umweges belegte ich den 8. Rang. Was für eine Überraschung. Freude, damit hatte ich nicht gerechnet!
11. Etappe - Die gastfreundliche Gemeinde Pedro Munoz sollte mir in bester Erinnerung bleiben. Gut bekam uns das schmackhafte Abendessen im heimeligen Lokal "El Andaluz". Bemerkenswert war auch die nette Geste des Bürgermeisters, uns mit Geschenken zu überraschen (jeder Läufer und Begleiter des Trans Espana Teams erhielt ein T-Shirt mit dem Logo der Gemeinde). Im Nachtlager, der Sporthalle von Pedro Munoz, war ausreichend Platz vorhanden
um sich einigermaßen von den Strapazen des Tages zu erholen und am Morgen, vor dem Start zur 11. Etappe, verwöhnte man uns in der gemütlichen "Bar Americano" mit einem Frühstück. Was wollte man also mehr? Na ja, eine schöne, abwechslungsreiche Laufstrecke hätte sich unsereiner schon auch noch gewünscht. Doch damit konnte uns hier nicht gedient werden. Wie von Gil im Briefing angekündigt, führte diese Etappe beinahe zur Gänze geradeaus. Sich da zu verlaufen wäre schon als kleines Kunststück zu bewerten gewesen. Den fernen Horizont vor Augen, das Landschaftsbild änderte sich kaum, Eintönigkeit. Unzählige Gärten mit Weinstöcken säumten die Straße.
Abwechslung bot nur der Schmerz meiner wunden Zehe. Doch muss der Blick ja nicht immer in die Ferne schweifen. Und so beschäftigten mich die blühenden Gewächse im Straßengra-ben. Auch schön.
12. Etappe - La Solana - Die Nacht war kalt, unangenehm feuchtkalt. Regen. Die Temperatur sank in den einstelligen Bereich. Schutz von oben bot uns nur das undichte Planendach unserer Sporthalle. Eine Halle die eigentlich keine war, sondern nur ein Gemäuer mit Zeltdach darstellte.
Damit sich das eintretende Regenwasser nicht am Boden ausbreitete wurden Kübel und Tonnen, zum Auffangen, platziert. So blieben zumindest unsere Schlafsäcke trocken. Eine urige Angelegenheit, die Annehmlichkeiten einer Komfortzone waren praktisch nicht vorhanden. Spaß hatten wir trotzdem, oder auch gerade deshalb. Leider aber gab es auch wieder Anlass für Wehmut. Unser Freund Steven sah sich gezwungen, wegen einer Verletzung durch Überlastung, das Rennen zu beenden und verabschiedete sich. Schade. Aber auch ich kam nicht ungeschoren davon. Meine wunde Zehe stand mittlerweile unter Eiter. Gleich sortierte ich die Schuhe, welche die Druckstelle verursachten aus, ersetzte sie durch andere, versorgte die Wunde und ging entschlossen an den Start. Aufgeben war für mich keine Option. Ein Mehrtageslauf ist wie eine Droge die Freude und Schmerz gleichzeitig bereitet. Wobei trotz der Schmerzen das Beglückende überwiegt. Natürlich wird dabei der Wille manchmal einer harten Prüfung unterzogen. Bleibt man allerdings standhaft verwandelt sich Leiden in Genugtuung. Tiefe Zufriedenheit, über sich hinausgewachsen zu sein, seine Grenzen gesprengt zu haben, bleibt über Jahre erhalten. Vermutlich solange man lebt. Auf solch einem Stück meines Lebensweges befand ich mich gerade. Das nahm ich bewusst wahr und genoss es. 
 Ist man zu Fuß unterwegs sieht man von der Umgebung wesentlich mehr als bei einer Fahrt mit dem Auto. Leider auch von den toten Tieren welche Opfer des motorisierten Straßenver-kehrs wurden. Katzen, Hunde, Schlangen, Igel ...., lagen im Straßengraben, oder auf der Fahrbahn plattgedrückt. Manche bis zur Unkenntlichkeit entstellt, übelriechend, schlimm anzusehen. Unvermeidbar war es auf so einer langen Tour mit solchen Bildern konfrontiert zu werden. Wobei wir aber, auf unserem Weg durch Spanien, ansonsten beinahe nur auf schöne Eindrücke stießen. Schafherden, Olivenhaine, Weingärten, Blumenwiesen die Wellen in der Brise des Windes schlugen.... Zufrieden gab ich mich den visuellen Genüssen hin.
 Trotzdem den Blick immer wieder kurz zu Boden gerichtet, denn dort lauerte Gefahr. Wer auf Spaniens Landstraßen unterwegs war der kennt sie. Die kleinen Rückstrahler, welche man wenige Zentimeter neben den Begrenzungsstreifen auf dem Bankett angebracht hatte. Viele davon mangelhaft befestigt, vom Verkehr teilweise oder ganz aus der Verankerung gerissen - Stolperfallen. Also Vorsicht, denn nach einen Sturz sehnte ich mich noch weniger als nach einer eitrigen Zehe. Achtsamkeit nutzte und auch das Glück war auf meiner Seite. Mein Schutzengel gönnte sich bis nach Castellar de Santiago keine Pause. Gut so. Zufrieden überschritt ich die Ziellinie, gönnte mir ein alkoholfreies Bier, liebte dieses Leben und.... das Leben liebte mich. 
ANDALUCIA
13. Etappe - Auf der Iberischen Halbinsel ist Andalusien die südlichste Region Spaniens. Tarifa, die südlichste Stadt Andalusiens ist gleichzeitig auch der südlichste Festlandspunkt des Europäischen Kontinents und von Afrika nur 14 Kilometer entfernt. Die Kontinente Europa und Afrika trennt hier die Straße von Gibraltar, die Wasserstraße, welche das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet.
Die autonome Region Andalusien gliedert sich in 8 Provinzen. Zur "Provincia de Jaén" waren es nur 9 Kilometer von Castellar de Santiago, unserer letzten Station in La Mancha.
  Hier hatte nicht nur der Mensch sondern auch die Natur eine Grenze gezogen. Schlagartig änderte sich das Landschaftsbild. Waren es in La Mancha großteils landwirtschaftliche Nutzflächen die wir zu Gesicht bekamen, empfing uns Andalusien gleich mit schöner naturbelassener Vegetation. Kiefern, Eichen.... Je weiter wir in die Provinz Jaén drangen, desto dichter wurde der Baumbestand. Moosflechten hingen von den immergrünen Korkeichen. Doch obwohl das Gebiet auf den ersten Blick unbewirtschaftet wirkte, war bei näherer Betrachtung die kommerzielle Nutzung des Waldes erkennbar. Hier wurde Kork geerntet, die mehr als 3 Zentimeter dicke Rinde von den Stämmen der Korkeichen geschält.
Nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, da die Erntezeit schon einige Monate zurücklag. Die nackten, abgeernteten Stämme nachdunkelten und sich schon neue Rinde zu bilden begann. Der geerntete Kork wird zu Flaschenverschlüssen und anderen Produkten des täglichen Lebens verarbeitet. Eine bedeutende Einnahmequelle für die Region. Immerhin liegt Andalusiens Anteil an der gesamten Weltproduktion, der Korkindustrie, bei 30%.
Wo der Bäume Schatten die Straße nicht erreichte ließ die Kraft der Sonne die Luft über dem Asphalt flimmern. Ich kam gut voran. Eitrige Zehe und Harnblase verhielten sich unauffällig. Sämtliche Bedenken waren, mit dem Bewusstsein dem Ziel immer näher zu kommen, in den hintersten Winkel des Hippocampus verschoben worden. Positive Gedanken führen eben auf die Sonnenseite des Lebens. Vereinzelt begegneten mir Wanderer, ansonsten herrschte Einsamkeit. Auch gut. Endlich erschien auf einer Anhöhe Karls Verpflegungsstelle. Freude, Nachschub. Ja, und Karl war nicht nur um mein leibliches Wohl bemüht, er wirkte auch gleich dem Kommunikationsdefizit der vergangenen Stunden entgegen. Während ich meine Getränkeflaschen befüllte und Brötchen in mich hineinstopfte versorgte er mich verbal. Zum Abschluss meines Kurzbesuches zeigte er grinsend auf einen Gipfel in der Ferne und erklärte, dass ich dort noch hinauf müsse. Ich bekundete ihm meinen Dank, sagte dass es mich eh schon immer in die Berge zog, lächelte noch einmal in Freund Karls nun verdutztes Gesicht und zog weiter. Also, Berg wieder runter, unter einer hohen Autobahnbrücke durch, danach Berg wieder hoch.
Die Höhenmetersammlung wuchs. Schneller als erwartet erreichte ich den hübschen Bergort Santa Elena. Schon von weitem machte sich unser stimmgewaltiger Betreuer Jean Michel bemerkbar. Lautstark trieb er mich dem Ziel entgegen. Dort vor der lokalen Stierkampfarena, bereiteten mir Gil und unsere beiden Köche einen herzlichen Empfang.
Abends verließen Korken die Hälse ihrer Rotweinflaschen, da ja zur Wertschätzung eines gastfreundlichen Landes schließlich auch das Konsumieren von regionalen Produkten gehört. Also Prost!
14. Etappe - Santa Elena lag wunderschön mitten im Naturpark Despenaperros. Ein kleines, nettes, traditionelles Dorf. Ein Nest wo Brauchtum gepflegt wurde. Das gefiel mir. Ausge-nommen die Tradition des Stierkampfes, dafür hatte ich kein Verständnis. Längst überholt erschien mir das qualvolle Abschlachten dieser edlen Tiere und die zweifelhafte Verehrung der Matadore.....
Wenige Kilometer nach unserem Tagesstart in Santa Elena passierte ich eine Weide mit einer weitläufigen Stierkoppel. Stolz stand eines dieser prächtigen Tiere, mit breiter Brust, auf einem Hügel. Das warme Morgenlicht veredelte den Anblick der mächtigen Gestalt. Danach belebten Ziegen, Schafe und Pferde das Gebiet. Andalusier, eine in Spanien gezüchtete Pferderasse. Spanische Andalusier gehören zu den edelsten Pferderassen. Mittelgroß, muskulös, elegant in Bewegung. Eine Augenweide. Die Eleganz meines Laufstils hingegen ließ zu diesem Zeitpunkt zu wünschen übrig. Geheilte Verletzungen, aus längst vergangenen Tagen, machten sich bemerkbar. Nach Unfällen, unter anderem mit dem Motorrad, wurde mir schon vor Jahrzehnten Laufuntauglichkeit diagnostiziert. Brav gehorchte ich der ärztlichen Weisung, beendete meine bis dahin mit Leidenschaft betriebenen sportlichen Aktivitäten, und widmete mich intensiv meiner Arbeit. Zu intensiv. Exzessiv, bis zum Dauerstress. Selbst verordneter Alkohol- und Nikotinkonsum als Trostspender. Auf Dauer keine zufriedenstellende Lösung. Etwas musste sich ändern.....und so geschah es. Ich streifte die verordnete Fessel der Schulmedizin ab, distanzierte mich von meinem damaligen Lieblingstier, dem Zapfhahn des Gasthofes, und startete zu meinem 30. Geburtstag in ein freudvolleres Leben. In mein zweites Läuferleben. Es war eine der besten Entscheidungen welche ich je getroffen hatte. Wenngleich unsere Ärzte meine sportlichen Aktivitäten nicht begrüßten, Laufen wurde zur Hand an der Wiege meines Wohlbefindens.
Als ich in Torrequebradilla ankam waren die Beschwerden alter Blessuren verschwunden.
Mein Durchhaltevermögen wurde mit dem 8.Rang und dem netten Empfang der örtlichen Gemeindevertreter belohnt. Gracias Torrequebradilla!
15. Etappe - Nach der unruhigen Nacht in der Mehrzweckhalle von Santa Elena, kam es mir in Torrequebradilla sehr entgegen ein eigenes kleines Zimmer, in einem noch unbewohnten, frisch renovierten Haus, für mich alleine zu haben. Einigermaßen ausgeruht an den Start zu gehen war schon eine angenehme Sache. Eigentlich ein Glück, denn ein harter Tag mit ordentlichen Anstiegen stand uns bevor. Mehr als +1400 schweißtreibende Höhenmeter sollten an diesem Tag gesammelt werden. Allerdings durften auch die 801 Höhenmeter abwärts, in Anbetracht unserer schon wochenlang geschundenen Gelenke, keineswegs unterschätzt werden.
Trotzdem folgten wir der etwas langsameren Gruppe, die wie gewohnt schon eine Stunde vor uns gestartet war, mit zügigem Tempo. Raus aus dem Ort, durch hügeliges Gelände mit unzähligen Olivenbäumen. Spanien ist der größte Olivenölproduzent weltweit. In Andalusien sorgen rund 35% der Bauern für Anbau und Verarbeitung der Oliven. Allein in der Provinz Jaén stehen etwa 60 Millionen Olivenbäume. Damit ist Jaéns Anteil an der Gesamtproduktion Andalusiens 40%. Durch ein scheinbar endloses Meer von Olivenbäumen schlängelte sich unser Weg. 
Je länger ich unterwegs war, desto besser kam ich in Schwung. Vielleicht trug auch die endlich abwechslungsreichere Kulisse dazu bei. Es ging aufwärts, dem Gipfel entgegen. Hinauf zum "Monumento Natural", einem der beliebtesten Ausflugsziele der Region. Dementsprechendes Verkehrsaufkommen belebte an diesem Sonntag die Passstraße. Motorradfahrer wanden sich, auf ihren Geräten durch enge Kurven. Wohnmobile wurden, an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, die Serpentinen hochgetrieben. An ihre Grenzen kamen augenscheinlich auch einige unserer Läufer. Von den Strapazen gezeichnet plagten sie sich den Berg hoch. Langsam lief ich an ihnen vorbei, sprach Mut zu, versuchte aufzumuntern. Weiter.....den Blick in die Ferne gerichtet. Da vernahm ich an einer unübersichtlichen Kehre eine vertraute Stimme. Berliner Dialekt: "Ah, Da kommt mein Lieblings-Ösi! Wieder sehr stark unterwegs!" schmeichelte unser laufender Kameramann Thomas Steinicke, von der Anhöhe die mir noch bevorstand. Erfreut erwiderte ich die Sympathiebekundung und grinste guter Laune in die Linse seines Gerätes. Hochstimmung, und die Natur steuerte ihres dafür bei. Wie in einem schönen Traum schimmerte ein Bergsee, aus etwas tieferer Lage, zu mir hoch. Strahlend Türkis, in eindrucksvollem Kontrast zur Umgebung. Welch edler Anblick.
In gewohntem Berglauftempo trugen mich meine Beine über den Pass, unseren geografi-schen Höhepunkt des Tages. Man sagt es sind die Füße von denen man getragen wird, ich denke es ist mehr noch der Wille. Letzterer brachte mich zuverlässig zum Ziel der Etappe. Dort aber reichte es mir für diesen Tag. Der Kopf verschwitzt, die Beine stanken, es war höchste Zeit ein Bier zu tanken.
Zeitung vom Sonntag - 08.05.2022
16. Etappe - 5:45 Uhr  Noch herrschte Dunkelheit. In der Bar "Los Currantes" erweckte kräftiger Kaffee meine Lebensgeister, schickte Wasser auf die Mühle des noch schlaftrunkenen Ultraläufers. Ja, das können sie, die Spanier, Kaffee zubereiten. So guten Kaffee wie hier hatte ich ansonsten nur in Italien und manchmal auch in Frankreich getrunken.
In der 3.Woche unserer Tour hatte sich der Alltag eingeschlichen. Läuferalltag - laufen, essen, schlafen. Manchmal hart, zumeist schön. Unsereiner mag es so. Es brannten zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits herrschte Freude dem Ziel immer näher zu kommen, andererseits Bedauern dass ein schönes Abenteuer zu Ende ging. Eigentlich wäre es mir gar nicht unrecht gewesen, hätte die Tour noch etwas länger gedauert. Doch die zwar noch fernen, aber schon mit freiem Auge erkennbaren, schneebedeckten Berge der Sierra Nevada ließen unser Endziel, unweit daneben, bereits erahnen. Erinnerungen an eine gute Zeit, die meine liebe Familie und ich dort verbrachten, erwachten. Bilder von eindrucksvollen Morgenläufen, herrlichen Wanderungen und einer extrem ausgelassenen Fiesta von Torvizcón präsentierten sich meinem geistigen Auge. Tagtraum. Da zerrissen laute Motorengeräusche von Landmaschinen die Stille und holten mich zurück in die Gegenwart. Traktore zogen große Tankanhänger durch Gemüseplantagen. Mit lautem Getöse spritzten die Geräte weiße Sprühnebelwolken über die Felder. Schädlingsbekämpfung. Leider ist die Verwendung von giftigen Pestiziden in Spanien noch immer weit verbreitet. Zwischendrin bearbeiteten mit Schlauchtüchern vermummte und Strohhüten bedeckte Gestalten Spargelfelder. Hola.
Ich kam gut voran, zog unentwegt im Laufschritt nach Montefrio. Schon von weitem waren die Ruinen der maurischen Festung und die Kirche "Iglesia de la Villa" auf dem imposanten Felsen der Gemeinde erkennbar. Montefrio wurde von etwa 5400 Einwohnern belebt und gehört zur Provinz Granada.
Malaga, das Ziel unserer Träume war nicht mehr fern.
17. Etappe - Andalusiens Flora blühte prächtig. Bereitwillig ließ ich mein Gemüt davon um-schmeicheln.
Heiter ging es weiter. Hinein in das pralle Leben, hinein in die Stadt Loja. 20.342 Einwohner wurden hier, bei der letzten Volkszählung, vor 3 Jahren registriert. Das zwischen Granada und Malaga liegende Städtchen bot einen schönen Einblick in das bürgerliche Leben der Region. Da Loja, im Gegensatz zu den nahen touristischen Hochburgen, von den negativen Auswirkungen ausgelassener Besucherströme verschont blieb, war es bestens gelungen südländi-sche Urtümlichkeit zu bewahren. Ich lief durch enge Gassen, wo die Bewohner ihr Privatleben zum Teil im Freien, vor ihren Behausungen verbrachten. Erwachsene unterhielten sich, tranken, rauchten, Kinder spielten. Sehr schön. 
Als sich die, von unserem Betreuerteam, angebrachte 1000- Kilometer Bodenmarkierung in mein Blickfeld drängte, schwang ich in ein dementsprechendes Stimmungshoch. Serotoninausschüttung, vom Feinsten. Vorwärts dem Pass "Los Alazores" entgegen. Unser Höhenmeterkonto sollte noch aufgebessert werden. Und so geschah es. Zwar nicht in der Intensität wie schon gehabt, aber ausreichend um sich nicht dem Glauben hinzugeben dass die Finalen Kilometer ein Spaziergang werden würden. Zielstrebig trabte ich den Pass hoch.
Danach verlief unsere Route durch die fruchtbare Hochebene von Alfarnate in den gleichnamigen Ort. Hüpfend, von Stein zu Stein, ging es über den Dorfbach. Brücke gab es keine.
Weiter, im Laufschritt durch die Gemeinde, entlang der Parkallee zur Sporthalle, unser-em Etappenziel und Nachtlager. Das Tageswerk war vollbracht und ich im Glück.
Doch leider blieb meine Stimmung nicht lange ungetrübt. Es geschah am frühen Abend. Mein Mobiltelefon informierte mich über einen Anruf in Abwesenheit. Unverzüglich rief ich zurück, worauf man mir mitteilte, dass mein Freund Hermann überraschend verstorben sei. Welch erschütternde Nachricht aus meiner Heimat. Ich fiel aus allen Wolken. Mir wurde unwohl. Erinnerungen kamen hoch..... Schöne, abenteuerliche Zeiten hatten wir gemeinsam erlebt und nun konnten wir die Erinnerungen daran nicht mehr teilen. Unfassbar. Mein Tauchkamerad (wir waren beide Einsatztaucher bei der Österreichischen Wasserrettung) und Reisegefährte war nicht mehr unter uns, das traf mich. Mit Tränen in den Augen kauerte ich in meinem Schlafsack und betete. Erst nach Stunden erlöste mich der Schlaf von meinem Schmerz.
18. Etappe - "I Want To Break Free", ertönte lautstark aus irgendeinem Gerät. Queens vertrauter Ohrwurm kroch ortskundig in mein Gehör. Mit feuchten Augen stand ich ein letztes Mal am Tagesstart, auf unserem Weg nach Malaga.
Ein Gefühls-Tsunami brach über mich herein. Freud und Leid lagen eng beisammen. Dann endlich... drei, zwei, eins - los! Bewegung... endlich Ablenkung.
Andalusien zeigte sich noch einmal von seiner schönsten Seite. Blauer Himmel, fotogene Berge, grüne Täler. Tief brannten sich die Eindrücke in mein Gedächtnis. 
Gegenwart, Vergangenheit, Vergänglichkeit ... vieles ging mir durch den Kopf. Einerseits empfand ich Trauer wegen Hermanns Tod, andererseits Dankbarkeit hier, beim Trans Espana, so weit gekommen zu sein. Gemischte Gefühle. Emotionale Achterbahn. Doch das Schicksal war mir gnädig und ließ mich mit Adrian, einem der sympathischsten Laufkollegen, zusammentreffen. Willkommene Gesellschaft! Gemeinsam setzten wir unseren Weg fort, trabten dahin, plauderten über Gott und die Welt. Balsam für meine Seele.
Flugzeuge im Landeanflug kündigten die Nähe zu Malagas Airport an. Zwischen zwei Bergkuppen erhaschte ich einen kurzen Blick zum Meer. Freude. Vorwärts, erwartungsvoll ging es dahin. Die Sehnsucht nach dem Meer trieb mich voran. Kilometer um Kilometer, bis mein Blickfeld zum fernen Horizont reichte, wo der Himmel das Meer berührte.
Anschließend ging es schonungslos abwärts. Keine Gnade für die Wade. Serpentinen-Downhill - durch ein kleines hübsches Dorf mit herrlichem Panorama und schließlich in die Stadt unserer Träume, nach Malaga. Kreuzungen, Ampeln, Straßenverkehr, lagen erfreulicherweise bald hinter mir. Zügig erreichte ich die Strandpromenade, wo mich die Meeresbrise mit einer Sandpanier begrüßte. Vorbei an von Bäumen beschatteten Cafes, rannte ich einer jubelnden Gruppe Menschen entgegen und schwebte am Badestrand, über Sand, direkt zum Ziel in Organisator Gils Arme. Geschafft, erfolgreich unter Palmen angekommen, viel Schöneres kann unsereinem kaum geschehen. 
Übermut tat gut. Ein Fußbad im Meer - in Laufschuhen. Bier - ausnahmsweise nicht alkoholfreies Gebräu.....
Nach und nach kamen unsere Läufer an und gesellten sich in den Zielraum, wo allen eintreffenden Teilnehmern ein denkwürdiges Finish mit Jubel und Applaus bereitet wurde.
Der Trans Espana endete also erfolgreich. Herzlichen Dank an Organisator Gil und sein Team, sie versorgten uns Läufer unermüdlich, waren stets mit voller Kraft zur Stelle. Ein Haufen unbeugsamer Franzosen - Gallier also. Und wie es sich für unbeugsame Gallier eben gehört ließen sie unser Abenteuer bei einem Festbankett am Lagerfeuer enden. Merci beaucoup les amis.
Ergebnis:   Von 33 in Urdos (F) gestarteten Ultraläufern erreichten 24 das Ziel in Malaga (E), und kamen somit in die Gesamtwertung des Trans Espana 2022. Ich belegte den 8. Rang in der Gesamtwertung und in meiner Altersklasse (M55+) Rang 1.

 

Text: Christian Stolovitz   Bilder: Trans Espana / Christian Stolovitz

Der Film : 

von Thomas Steinicke

 

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22. März 2022 2 22 /03 /März /2022 08:24
Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.
* Marathon des Sables  221km  -   Marokko          2007
* 12h Nachtlauf Dornbirn  115km    Rang:4           2008
* 100 Meilen St. Jürgensland (Ger)   Rang:1          2010
* 7 Days Athen (Gre)  701km  Rang:2  M.R:1.        2011
* Yukon Arctic Ultra (Can) 100 Meilen    R:5          2012
* Annapurna 100k Ultra Trail (Nep)   Ak.R:2          2014
* EMU 6 Day World Trophy (Hun) 645km  Ak.R:7  2015
* Deutschlandlauf  (Sylt - Zugspitze) 1320km        
      .19 Etappen - 181Stunden / Rang:18  Ak.R:6   2017
* 48h Athen, Gols, Balatonfüred   3 x Ak.Rang:1   2019
* 72h Eisenstadt (400m Laufbahn - 912 Runden)
       .364,8km - Österr.-Bestleistung. Ak: M50+     2020
* 48h Balatonfüred (Hun)  291km Rang:4  Ak.R.1   
       .Weltjahresbestenliste 48h M55+  Rang:4      2021
* TransEspana  (Urdos - Malaga) 1080km / +15000Hm
      .18 Etappen - 125Std 37' / Rang:8  Ak.Rang:1 2022 

 

(Weitere Ergebnisse bei "DUV - Ultramarathon Statistiken")

Christian Stolovitz 2022 

 

 

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RIJEKA, OPATJA

 

LAUFEN WANDERN UND SPA AN DER ADRIA
Wunderbares Kroatien. Laufen, wandern, sitzen und schauen, wie das Leben vorüberzieht. Erinnerungen mitnehmen. Als Wegzehrung für weniger heitere Stunden.
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....
Die Erinnerung ist .....

Bilder und Text: Christian Stolovitz   01.2022

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7. September 2021 2 07 /09 /September /2021 07:15
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021

291,15 km        4. Gesamtrang      1. Rang AK

 

Auch der längste Tag dauert nur 48 Stunden 🏃

Das Ultramarathon Festival Balatonfüred lockt alljährlich, im Oktober, eine große Schar Langstreckenläufer zum Plattensee. Entlang der Uferpromenade der lieblichen Stadt Balatonfüred werden hier, auf einer 2,3 Kilometer langen Pendelstrecke, vom klassischen Marathon bis hin zum 48 Stundenlauf, verschiedene Laufbewerbe nach internationalen Wettkampfregeln ausgetragen. Mein Interesse gilt einmal mehr dem 48 Stundenlauf.
Am Start finden sich vertraute Gesichter. Sympathiebekundungen durch freundliche Gesten erwärmen das Gemüt. Für die Harmonie unter Ultraläufern wird oft keine gemeinsame Sprache benötigt. Laufen verbindet. Man freut sich auf das, was einem bevorsteht. Zwei Dutzend Gleichgesinnte starten in das Rennen. Bei tagsüber mildem Herbstwetter, aber kalten Nächten, traben wir unentwegt die malerische Seepromenade Füreds entlang.
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
Bald erreichen meine Gedanken eine Klarheit, die mir im Ruhezustand selten vergönnt ist. In dieser interessanten, belebten Umgebung Runde um Runde zu laufen, den Rhythmus der Menschen und die sich im wechselnden Licht der Tageszeiten verändernde Landschaft zu beobachten gefällt mir. Und doch schwindet, nach 20 auf der Strecke verbrachten Stunden, mit zunehmender Müdigkeit Motivation, Tatendrang und Leistungsvermögen. Mal schmerzt ein Sprunggelenk dann rumort es im Verdauungstrakt. Es ist an der Zeit dem Körper eine Pause zu gönnen. Ein 90 minütiger Dämmerschlaf weckt neue Energie.
Nun läuft es wieder gut. Halbzeit. Nach 24 Stunden habe ich etwa 170 Kilometer in den Beinen, wie ursprünglich geplant. Passt. Zufriedenheit - verleiht zwar keine Flügel, lässt unangenehmen Beschwerden aber wenig Raum zur Entfaltung. Auch gut.
Tagsüber tut sich einiges entlang unserer Laufstrecke. Betreuer und Zuschauer bejubeln uns Läufer. Passanten betrachten neugierig das Geschehen. Munter mischen sich noch frische Athleten (Teilnehmer der zwischendurch gestarteten, kürzeren Bewerbe) unter die im Ultralaufschritt dahintrabenden oder sich teils müde dahinschleppenden Sportler, welche schon länger als einen Tag unterwegs sind.
In der zweiten Nacht plagt auch mich der Schlafmangel. Kurze Powernaps und der herrliche Kaffee der offiziellen Labestelle halten mich, die Motivation und mein Tempo aufrecht, verhindern, dass mir der Stecker gezogen wird. Es geht voran.
Sonntag Mittag - 48 Stunden nach dem Start finishe ich das Rennen mit 291,15 zurückgeleg-ten Kilometern auf dem 4. Gesamtrang. Geschafft. Freude macht sich breit. Es ist eine besondere Freude, eine andere Freude, als jene wenn man sich etwas kauft, einen materiellen Wunsch erfüllt. Es ist eine intensivere Freude. 
"Was wir in der Fülle unseres vergangenen Lebens, in dessen Erlebnisfülle verwirklicht haben, diesen inneren Reichtum kann uns nichts und niemand nehmen."  (Viktor E. Frankl) 
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
Wochen später finde ich meinen Namen in der Weltjahresbestenliste - 48 Stundenlauf 2021, auf dem 3. Rang in meiner Altersklasse. Freude. Denn Alterserscheinungen gibt es zweifellos schlimmere, denke ich.

 

Text: Christian Stolovitz       10.2021
Bilder: TillasPhoto-Runion,
Titelbild: Christian Stolovitz

 

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Burgenland Nightrun 100km - von Deutsch Gerisdorf nach Kalch

08.2021

 

48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
48h-Lauf Balatonfüred - Okt.2021
Herzlichen Dank an meine umsichtigen, zuverlässigen Betreuer Heidi und Andi!  👍

 

Bilder: Heidi Stolovitz, Andreas Horvath 
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